Sechs Millionen Kekse im Jahr von Jessica Thom

Anja Druckbuchstaben | 03 Mai 2014 |
Zum Inhalt:
Jessica Thom ist an Tourette erkrankt. Seit ihrer Kindheit wird sie von sprachlichen und körperlichen Tics geplagt. So sagt sie etwa 16 Mal in der Minute «biscuit» (das macht rund sechs Millionen Mal im Jahr!). Schwerer wiegen jedoch die motorischen Tics, die sie jederzeit überfallen können, und für sie auch körperlich sehr gefährlich sind. Die junge Frau lässt sich allerdings nicht unterkriegen, im Gegenteil: Sie deutet ihre Erkrankung einfach in Superkräfte um. (Quelle: http://www.verlag-hanshuber.com/index.php/sechs-millionen-kekse-im-jahr.html/)

Mein Senf zum Buch:
Ich finde es sehr faszinierend, dass die Autorin sich mit ihrer eigenen Krankheit beschäftigt und ihr eigenes Verhalten kritisch hinterfragt. Dabei sind durch ihren Erzählstil und die Eigenarten der Krankheit natürlich schon jede Menge Lacher vorprogrammiert. So habe ich die ersten Seiten mit einem konstanten Schmunzeln auf den Lippen und dem ein oder anderen lauten Lacher verfolgt. Wirklich interessant und witzig finde ich zum Beispiel die Namensgebung für Freunde und Familie: Leftwing Idiot, Fat Sister, King Russel. Dass Russel mit seinem Spitznamen zufrieden ist, ist uns wohl allen klar =). Am sympathischsten ist mir Leftwing Idiot, auch wenn er nicht den nettesten Spitznamen abbekommen hat, ist er doch ein wirklich guter Freund. Mein ganz persönlicher Held dieser Geschichte!
Neben all den witzigen Begebenheiten, kommen aber auch die Schattenseiten der Krankheit zum Vorschein. Ich bin mir sicher, dass es unheimlich anstrengend ist, sich ständig erklären zu müssen, ganz besonders, wenn man auf unfassbar ignorante und boshafte Exemplare der Spezies Mensch trifft. Das Vorkommnis in der U-Bahn hat mich nicht nur traurig, sondern auch unheimlich wütend gemacht!

Der Aufbau des Buches ist sehr angenehm für den Leser. Ich glaube eine Abhandlung über Tourette am Stück wäre sehr anstrengend geworden. Glücklicherweise ist das Buch in viele übersichtliche Abschnitte unterreilt. Hier erwarten den Leser viele kleine Anekdoten und Kurzgeschichten rund um das Leben mit Tourette.
Viele Vorkommnisse und Begegnungen sind zum Schlapplachen, einige stimmen traurig, wieder andere lassen einen nachdenklich zurück. Man bekommt einen Einblick in die Gefühlswelt von Touretteshero und das auf eine schonungslos ehrliche Art und Weise. So gibt sie zum Beispiel zu, dass es ihr sehr wohl wichtig ist, was andere über sie denken. Jeden Tag kämpft sie gegen die Vorurteile und die Dummheit ihrer Mitmenschen.
Das Verhältnis der unterschiedlichen Geschichten ist ausgewogen und der Schreibstil sehr humorvoll.
Man erhält hier Eindrücke von der Krankheit Tourette, die man wohl in keinem Fachbuch dieser Welt zu Gesicht bekommen würde. Ein großes Markenzeichen und Problem der Krankheit ist deren Unberechenbarkeit. Man weiß nie was als nächstes passiert.

"Als ich heute Morgen das Postamt betrat, rief ich laut 'Hände hoch!' Zum Glück kennen mich die Angestellten - mein Überfalls endete also nicht damit, dass sie in Panik den Alarmknopf drückten." (S. 151)

Besonders beeindruckt bin ich von den Freunden und der Familie von Touretteshero, die ihr mit einer Selbstverständlichkeit Tag und Nacht zur Seite stehen. Aber auch Touretteshero ist eine bemerkenswerte Persönlichkeit, die im wahrsten Sinne des Wortes, immer wieder vom Boden aufsteht und versucht ihren Humor nicht zu verlieren.

Fazit:
Das Buch hat mich erheitert, nachdenklich gestimmt, informiert, wütend und traurig gemacht, aber am Ende ist mein Lachdurchschnitt massiv gestiegen.

5 von 5 Sternen



2 Kommentare:

  1. Meine aktuelle Lektüre, bin aber noch nicht so weit gekommen. :)

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  2. Cool, ich kenne dieses Buch noch garnicht, und es hört sich wirklich interessant an! :D

    Danke für die schöne Rezi! :) Ich werde mir den Titel auf jeden Fall merken!

    Liebe Grüße,
    Olek

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